Götzis-Zehnkampf: Felix Wolter empfiehlt sich für EM und blickt auf Olympia (2024)

„Wir laufen alle dem Ziel hinterher, den perfekten Zehnkampf abzuliefern“, sagte Felix Wolter beim Mehrkampf-Meeting in Götzis zwischen den beiden Wettkampftagen. Wohl wissend, dass die Frage der Perfektion persönliche Ansichtssache ist, war der 26-Jährige zufrieden, einen „soliden“ ersten Tag abgeliefert zu haben. 4340 Punkte – „etwa 50 hinter Bestleistung“ – damit konnte Wolter gut leben, zumal er am zweiten Tag auf seine „Bonus-Disziplinen“ hoffte.

Daraus wurde nichts. Zwar startete er am Sonntag mit persönlicher Bestleistung (14,12 Sekunden) im Hürdenlauf. Doch dann flatterte ihm der Diskus. Wenigstens behielt er nach zwei ungültigen Versuchen die Nerven und brachte den dritten Wurf in den Sektor (39,92 Meter). „Felix ist abgeklärt“, lobte sein Heimtrainer Günter Mayer dessen Verhalten in der Stresssituation: „Er verfügt über die nötige innere Ruhe“.

Nicht mehr der Jüngste

Innerhalb der Zehnkampf-Elite klingt Felix Wolter wie ein neuer Name, obwohl der Mann mit dem lichten Haupthaar nicht mehr der Jüngste ist. Der für den TSV Gräfelfing startende, aber zumeist in den Vereinigten Staaten trainierende Informatikstudent schaffte erst relativ spät den Sprung in den illustren Klub der 8000-Punkte-Athleten.

Im Mai 2023, gelangen ihm in Marseille 8170 Punkte. Wenig später steigerte er sich beim Thorpe-Cup in Marburg auf 8299 – womit er die Norm (8200) für die Europameisterschaft in Rom (10./11. Juni) übertraf. Dort wird er neben Titelverteidiger Niklas Kaul aus Mainz und den beiden Ulmern Manuel Eitel und Tim Nowak die deutschen Farben vertreten.

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Der deutsche Rekordhalter Leo Neugebauer verzichtet dagegen zugunsten der amerikanischen College-Meisterschaften auf seinen EM-Start – und konzentriert sich ansonsten auf Olympia. Im Gegensatz zu Neugebauer, der dauerhaft in den Vereinigten Staaten lebt, hat Wolter für sich eine Zwei-Staaten-Lösung konzipiert. Im Winter trainiert und studiert er in Pittsburgh, im Sommer weilt er zumeist in Bayern. Die Wahl seines Studienorts begründet der Doktorand für Bio-Informatik mit dem „deutlich größeren Verständnis für Sport“ in der Vereinigten Staaten: „An der TU in München hätte ich es nicht geschafft, Sport und Studium so zu kombinieren.“

Seit Wolter vor drei Jahren den Schritt der partiellen Auswanderung wagte, hat er sich nach Ansicht des leitenden Zehnkampf-Bundestrainers Frank Müller „extrem gut entwickelt“ – sportlich, aber auch persönlich. Müller gefällt vor allem, dass Wolter „sehr klar in seinen Vorstellungen“ sei: „Informatiker eben“.

„Er hat das Beste rausgeholt“

Heim-Trainer Mayer, im Hauptberuf ebenfalls IT-Fachmann, zeigt sich ebenfalls zufrieden mit der Doppel-Lösung. Auch wenn er seinen Athleten persönlich nur noch selten sieht, lobt er dessen Entwicklung: „Er hat für sich das Beste rausgeholt.“ In den Grundlagen – Kraft, Ausdauer und Sprintfähigkeit – legte Wolter sogar deutlich zu. „Nur die Technik hat ein bisschen gelitten“, bedauert Mayer. So springt Wolter mit dem Stab noch genauso hoch wie 2017, als er erstmals fünf Meter meisterte. Am Sonntag schaffte er mit wackligem Stil 4,80 Meter.

Insgesamt reichte es am Pfingstwochenende für ihn zu 8190 Punkten und dem siebten Rang – knapp hinter seinem Teamkollegen Tim Nowak, der als Sechster mit 8282 Punkten im letzten Moment die EM-Norm schafft.

Der erst 22 Jahre alte Nils Laserich von Bayer Leverkusen ließ mit persönlicher Bestleistung (8146) als Gesamt-Neunter ebenfalls aufhorchen. Gewinner des Götzis-Meetings wurde einmal mehr Olympiasieger Damian Warner aus Kanada (8678), der sich vor dem überraschend starken Niederländer Sven Roosen (8517) und Johannes Erm aus Estland (8462) durchsetzte.

„Es ist einfach mega“

Felix Wolter startete in Götzis, obwohl der zeitliche Abstand zur EM mit nur drei Wochen eng bemessen ist. „Es ist knapp, aber es ist Götzis“, sagte er: „Das konnte ich mir nicht entgehen lassen.“ Das familiäre Meeting in der Vorarlberger Marktgemeinde wird bisweilen als „Mekka des Mehrkampfs“ bezeichnet – und Wolter war noch nie dabei. Was für ihn Grund genug war, das Wagnis einzugehen. Als Informatikstudent üblicherweise streng der Logik verpflichtet, wollte er sich einfach mal das Erlebnis gönnen und die legendäre Atmosphäre genießen – was ihm gelang: „Es ist einfach mega“, schwärmte er.

In den wenigen Wochen bis zur Italien-Reise werde es nun darauf ankommen, bestmöglich zu entspannen. „Wir werden dosiert trainieren“, kündigte Trainer Mayer an: „Wichtig ist Regeneration“. In Rom wird es für Wolter neben EM-Erlebnis und -Ergebnis auch darum gehen, sich für die Olympischen Spiele zu empfehlen. Rekordhalter Neugebauer und der frühere Weltmeister Kaul sind schon qualifiziert. Für die Rolle als dritter Mann hat sich Wolter – neben Eitel und Nowak – ins Gespräch gebracht.

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